KLÄRANLAGE |
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Kurzdarstellung der Verfahrenstechnik
Die Kläranlage Biberach wird als mechanisch, biologische Kläranlage mit anaerober Schlammstabilisierung betrieben.
Der zulässige Höchstwasserabfluss
beträgt 240 l/s – bei Trockenwetter sind es maximal 140 l/s.
Die Kläranlage ist durch Geländeaufschüttung hochwassersicher ausgebildet.
Die Prozesse auf der Kläranlage können in 7 Verfahrensschritten unterteilt werden.
Nachfolgend werden die Verfahrensschritte in Kurzform erläutert.
1. Zulaufpumpwerk
Das Abwasser aus dem Verbandsgebiet gelangt über zwei Sammler DN 500 und DN 600 – zum Zulaufschacht der Kläranlage. Von dort wird es über einen weiteren Schacht zum Zulaufpumpwerk geleitet. Ebenfalls dort eingeleitet wird die Entwässerung des Kläranlagengeländes sowie der Gebäude.
Das Zulaufpumpwerk besteht aus 3 Schneckenpumpen, die das Abwasser um ca. 5,5 m anheben.
Zur Anhebung der maximalen Zulaufmenge ist der Betrieb von 2 Schnecken ausreichend. Die dritte Schnecke ist als Reservepumpe vorgesehen.
2. Mechanische Reinigungsstufe
Über die Zulaufschneckenpumpen wird das Abwasser in das zweistraßige Rechengerinne gepumpt. Die Rechenanlage besteht aus einem Flachsiebrechen mit einer nachgeschalteten Rechengutwaschpresse, bei der das anfallende Rechengut entwässert wird und eine Auswaschung der leicht abbaubaren Inhaltsstoffe stattfindet. Das Waschwasser wird hinter der Rechenanlage wieder in den Zulauf der Kläranlage gegeben. Das Rechengut wird über die Rechengutwaschpressen in die Containerhalle transportiert, wo es abgesackt und in einen bereitstehenden Container abgeworfen wird.
Die Abtrennung der absetzbaren mineralischen und der Schwimmstoffe vom zufließenden Abwasser erfolgt im Sand-/Fettfang, der sich an den Rechenraum anschließt.
Der Sand-/Fettfang ist ein längs durchströmtes aufgeweitetes Gerinne mit abgeschrägter Sohle und Sandrinne am Boden. Einseitig wird in den Sand-/ Fettfang in Bodennähe Prozessluft eingeblasen, wodurch eine walzenförmige Strömung entsteht. Hierdurch werden organische Inhaltsstoffe in Schwebe gehalten. Fette und Schwimmstoffe werden an der Oberfläche infolge der Walzenströmung zur Fett- und Schwimmstoffkammer geschwemmt und dort über ein Räumschild zum Fettschacht geräumt und in einen Speicher gefördert. Mineralische Inhaltsstoffe setzen sich auf dem Boden des Sand-/Fettfanges ab und werden mit einer am Räumer befestigten Tauchmotorpumpe entnommen und zur Sandwaschanlage geleitet.
Die Sandwaschanlage ist in der Containerhalle aufgestellt. Dort wird das Sand-Wasser-Gemisch weitgehend entwässert und gleichzeitig organische Reststoffe ausgewaschen. Der gewaschene Sand wird in den bereitstehenden Sandcontainer abgeworfen.
Der Ablauf aus dem Sand-/Fettfang wird über eine gedükerte Leitung zu den beiden Vorklärbecken geleitet. Über das Zulaufgerinne mit anschließender Verteilerrinne wird das Abwasser auf die beiden Vorklärbecken stirnseitig verteilt.
In den Vorklärbecken werden die flockigen, körnigen Bestandteile des Abwassers durch Sedimentation entfernt. Der abgesetzte Schlamm wird über einen Schildräumer in die stirnseitig angeordneten Schlammtrichter geschoben, wo der Schlamm über Schieber in den Rohschlammschacht abgezogen werden kann.
3. Biologische Reinigungsstufe
In der biologischen Reinigungsstufe werden dem Abwasser durch die Tätigkeit von Mikroorganismen hauptsächlich organische Kohlenstoffverbindungen und Stickstoffverbindungen entnommen. Durch eine vorgelagerte Anaerobstufe kann zusätzlich auch die vermehrte Einlagerung von Phosphorverbindungen in den Mikroorganismen bewirkt werden.
Hierzu wird der Ablauf aus den Vorklärbecken gemeinsam mit dem Rücklaufschlamm aus den Nachklärbecken in die beiden Anaerobbecken geleitet. Durch das Fehlen an Sauerstoff wird ein Wachstumsvorteil für solche Mikroorganismen geschaffen, die gegenüber anderen Mikroorganismen vermehrt Phosphorverbindungen einlagern.
Stickstoffverbindungen und organische Kohlenstoffverbindungen werden danach in zwei weiteren Becken - Belebungsbecken 1 und Belebungsbecken 2 - aus dem Abwasser entfernt. Hierbei kommt das Verfahren der vorgeschalteten Denitrifikation zum Einsatz.
Bei Bedarf kann die 2. und 3. Kaskade des Belebungsbeckens 1 ebenfalls belüftet werden um die Nitrifikation zu verbessern.
4. Nachklärung
Der Ablauf des Belebungsbeckens 2 wird über zwei Dükerleitungen an den beiden Nachklärbecken zugeführt.
In den Nachklärbecken wird der Schlamm durch Sedimentation vom Abwasser getrennt.
Der sedimentierte Schlamm wird mit Hilfe eines Schlammräumers in den mittigen Schlammtrichter geschoben. Von dort wird er über eine Schlammentnahmeleitung abgezogen und zu den Rücklaufschlammpumpen geleitet, die den Rücklaufschlamm in den Zulauf der Anaerobbecken zurückfördern.
Durch die Rückführung der Biomasse über die Rücklaufschlammpumpen wird eine konstante Biomassekonzentration in den Belebungsbecken erreicht.
Ein Teil des sedimentierten Schlammes aus den Nachklärbecken wird in Form von Überschussschlamm, der sich bei den Reinigungsprozessen in der Belebung durch biologisches Wachstum gebildet hat, im Pumpensumpf des Rücklaufschlammpumpwerks über die Überschussschlammpumpen abgezogen und der Schlammbehandlung zugeführt.
Das Klarwasser (gereinigtes Abwasser) wird über das umlaufende Gerinne mit Zackenschwellen und vorgelagerter Tauchwand abgeleitet.
In der Auslaufleitung des Nachklärbeckens ist ein Auslauf- und IDM-Messschacht installiert. Dort werden die Parameter erfasst, die zur Kontrolle der Einhaltung der Überwachungswerte notwendig sind, durchgeführt. Hier befindet sich der Probenahmepunkt der zuständigen Wasserbehörde.
Über die Ablaufleitung wird das gereinigte Abwasser zum Vorfluter “Kinzig“ geführt.
5. Phosphatfällung
Da durch die biologische Phosphorelimination, die Einhaltung der Überwachungswerte nicht garantiert ist, ist zusätzlich eine chemische Phosphatfällung vorhanden.
Durch Zudosieren von Fällmittel im Zulauf bzw. alternativ im Ablauf vom Belebungsbecken 2, bildet sich eine schwerlösliche Verbindung des Fällmittels mit dem Phosphor im Abwasser, die mit dem Schlamm entnommen wird.
Die Dosieranlage einschließlich der Vorratstanks ist zweistraßig ausgebildet. Zur Anwendung kommt ein alkalisches Fällmittel (Natriumaluminat) aufgrund der geringen Säurekapazität des Abwassers.
Die beiden Vorratstanks sind in Sicherheitstanks aufgestellt, die Dosieranlage einschließlich Steuerung ist im Gebäude der Fällmittelstation installiert.
6. Schlammbehandlung
Der in der Vorklärung anfallende Rohschlamm wird über Schlammwärmetauscher dem Faulbehälter zugeführt.
Der in der biologischen Stufe anfallende Überschussschlamm wird zur Eindickung auf einen Bandeindicker geleitet. Auf dem Weg zum Bandeindicker wird der Schlamm mit organischen Flockungsmitteln konditioniert. Der eingedickte Schlamm wird anschließend über den Schlammwärmetauscher ebenfalls in den Faulbehälter gepumpt.
Das Filtrat aus der Überschussschlammeindickung wird im freien Gefälle über die Straßenentwässerung dem Zulauf der Kläranlage wieder zugegeben.
Die Fette aus dem Sand-/Fettfang werden gemeinsam mit dem Rohschlamm aus den Vorklärbecken über die beiden Rohschlammpumpen abgezogen und ebenfalls über den Schlammwärmetauscher in den Faulbehälter gepumpt.
Durch die anaerobe Stabilisierung im Faulbehälter werden die organischen Bestandteile des Schlammes weitgehend abgebaut oder umgewandelt, so dass Geruchsemissionen deutlich reduziert werden.
Für die Umwälzung/Heizung des Schlammes auf die erforderliche Temperatur von ca. 39°C stehen Pumpen zur Verfügung, die den Schlamm wechselweise über den Wärmetauscher wieder in den Faulbehälter pumpen.
Der ausgefaulte Schlamm wird in den Schlammspeicher abgelassen und von dort zur Entwässerung in die Zentrifuge gefördert. Vor der Zentrifuge wird dem Schlamm Polymer zur Konditionierung zudosiert. Abschließend wird der entwässerte Schlamm über Förderschnecken in Container verteilt und zur Entsorgung abtransportiert.
Die anfallenden hochbelasteten Filtratwässer aus der Zentrifuge werden über einen Zwischenbehälter in den Zentratspeicher gefördert und von dort über eine weitere Dosierpumpe in das Vorklärbecken zugegeben.
7. Energieerzeugung
Das in den Faulbehältern anfallende Faulgas aus der anaeroben Schlammstabilisierung wird in einem Gasbehälter zwischengespeichert und über drei Blockheizkraftwerke (BHKW) elektrisch sowie thermisch verwertet.
Die BHKW bestehen aus 3 Modulen, ein kleines (50 kW el.) für die Grundlast ein mittleres (80 kW el.) für den Nachtbetrieb und ein großes (125 kW el.) für die Spitzenlast tagsüber. Auf die erzeugte thermische Energie wird nicht näher eingegangen, da ein Überschuss vorhanden ist. Fossile Brennstoffe werden seit einigen Jahren nicht mehr eingesetzt. Zusammenfassend kann man sagen, dass, durch Stromeinsparungen und durch die Steigerung der eigenen Stromerzeugung, die Kläranlage Biberach energieneutral geworden ist.
8. Co-Vergärung
Im Einzugsgebiet der Kläranlage Biberach sind viele Obstbauern und Schnapsbrennereien ansässig, die ihre Obstschlempe zur Verwertung auf die Kläranlage bringen. Obstschlempen verbessern, aufgrund ihres hohen organischen Anteils, die Faulgasproduktion bei der Schlammfaulung.
Bevor die Obstschlempen dem Faulbehälter zugegeben werden, werden diese über eine Entkernungsmaschine (Siebtrommel) und einen Zerkleinerer geschickt. Zusätzlich werden diese, wenn notwendig, mit hochprozentiger Natronlauge behandelt, um den pH-Wert anzuheben. Seit 2011 besteht auch die Möglichkeit Fett aus Fettabscheider und Speisereste (vereinfacht Gärsubstrat genannt) anzunehmen und den Faulbehältern zuzugeben.
Die homogenisierte Schlempe und das Gärsubstrat werden über den Wärmetauscher aufgeheizt und dann in den Faulbehälter gefördert.
9. Sickerwasserspeicherung
Die Kläranlage Biberach verfügt über einen Sickerwasserspeicher zur Annahme von Sickerwässern aus Deponien.
Die Sickerwässer werden in dem Speicher zwischengespeichert und dem Kläranlagenzulauf bei Schwachlastzeiten zugegeben.
10. Sondereinrichtungen
Zur Deckung des Betriebswasserbedarfs ist auf dem Kläranlagengelände ein Brunnenschacht mit zwei Tauchmotorpumpen installiert. Zum Ausgleich von Druckschwankungen sind 2 Druckbehälter ins Brauchwassernetz eingebunden.
Bei der Verwertung des Faulgases über die Blockheizkraftwerke sind hohe Schwefelgehalte im Faulgas für die Lebensdauer der Aggregate von Nachteil.
Deshalb wird dem Faulschlamm im Faulbehälter Eisenchlorid zugegeben. Das Eisen bindet den Schwefel im Schlamm, wodurch der Schwefelgehalt im Faulgas reduziert wird. |